Direkt in die Sonne zu fotografieren widerspricht einer der Grundregeln in der digitalen Fotografie. Denn dadurch brennt das Bild an der Stelle aus, es ist nur noch eine weiße Fläche, die keinerlei Farbinformationen mehr enthält. So weit so gut. Der Sensor hat zum einen zu wenig Dynamikumfang, zum anderen ist die Sonne auch dann noch sehr hell, wenn sie schon sehr schräg am Himmel steht. Und so ist entweder ein weißer Fleck auf dem Bild oder der Rest des Bildes säuft im Dunkel ab. Verlaufsfilter können helfen, aber je nach Intensität der Sonne ist das nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Das wär’s an sich für Out of Camera. Oder fällt jemandem noch etwas ein? Die Sonne aus dem Bild zu lassen, gilt nicht 😉
Was ist noch möglich, wenn die Sonne im Bild sein soll? Die Bildbearbeitung gibt Möglichkeiten: Zwei Fotos, eines mit dem richtig belichteten Vordergrund, einer mit dem richtig belichteten Himmel, werden zusammenmontiert über Masken in Photoshop. Oder ein HDR, mehrere Aufnahmen mit verschiedenen Belichtungsstufen werden übereinander gelegt. Beides geht gut bei klaren Formen und Kanten. Viele spektakuläre Bilder, die an verschiedenen Stellen im Netz zu sehen sind, sind auf diese Weise entstanden. Ich finde das legitim, wenn auch oft überproduziert und manchmal abstoßend künstlich.
Hinzu kommt: Je mehr Details auf den Bildern an den kritischen Stellen an den Übergängen sind, desto frickeliger wird es. Wenn sich bei HDR-Bildern etwas bewegt, zum Beispiel durch leichten Wind, dann streikt die Bearbeitung oder ergibt komische Geisterbilder. In jedem Fall fehlt mir sowohl Lust als auch Zeit, dies in allen Details zu exekutieren – nur für einzelne, ganz besondere Bilder lohnt es sich, diese Zeit einzusetzen.
Out of Camera
Ich bin ein Fan davon, das Bild in der Kamera zu komponieren und so weit mit meinen fotografischen Fähigkeiten und den technischen Möglichkeiten der Kamera zu arbeiten, wie es geht. Dabei möchte ich den Blick für das Außergewöhnliche im Gewöhnlichen zu schärfen.
Gestern Abend war ich unterwegs zum Sonnenuntergang. Von dieser Stunde in den Rapsfeldern stammen alle Fotos hier. Die Tage vorher hatte es viel geregnet. Gestern war es dann warm und dazu so hell und klar, dass die Sonne den ganzen Tag über richtig blendete. Es ging ein leichter Wind. Am Horizont kündigten schon leichte Wolkenschleier das Ende des klaren und wolkenlosen Wetters an.
Sonne in gelb und gelb
Mein Ziel war es, das warme Gelb der untergehenden Sonne mit dem kalten, eher grüngelb des Rapses zu verschmelzen und zu beobachten, was mit der Farbe der Rapsblüten passiert. Trotz des klaren Tages war das Abendlicht intensiv goldgelb und der Sensor hatte mit den verschiedenen Gelbschattierungen in dem sehr starken Licht zu kämpfen. Auf manchen Bildern gab es seltsame Farben, die ich in dieser Unterschiedlichkeit noch nie so wahrgenommen hatte – die ich mir aber so vorgestellt habe.
Die helle Sonne musste ins Bild und ich habe dann beschlossen, sie als Stilmittel einzusetzen. Ja, sie brennt aus, aber das gleißende Licht wollte ich darstellen. Als die Sonne verschwunden war, erzeugte sie einen Orangeton am Horizont, der seltsam zu dem Rapsblüten kontrastierte. Gezielt würde ich solche Farbkombinationen nicht einsetzen, aber der Natur ist das egal. Sie zaubert spannungsreiche Bilder einfach so beiläufig in die Landschaft.
Der Sonnenuntergang entwickelte sich nur ganz am Horizont in blutrot, der Rest des Himmels war klar und es war wenig Feuchtigkeit in der Luft. So wurde es schnell dunkel, da sich die Sonne unter dem Horizont nicht an Wolken am Himmel reflektieren konnte. Der noch blühende Apfelbaum am Straßenrand setzte mit seinen weißen Blüten die letzten Kontastpunkte in die schnell herabsinkende Nacht.
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