Mit dem Makro unterwegs zu sein, ist ein seltsames Gefühl. Der Blick ist ein anderer, plötzlich sieht man Sachen, die vorher schlichtweg nicht existent waren. Selbst ein schon oft begangener Weg wird plötzlich zum Trip in andere Welten. Überall Aliens und fremdartige Lebensformen. Gerade im Herbst, wenn der Boden mit verschiedensten Pilzen bedeckt ist und der Nebel sich im Wald fängt.
Makro ist eine technische Disziplin
Am Wochenende habe ich bei Pierre Johne einen Workshop in Makrofotografie gemacht. Pierre ist ein junger Fotograf, dessen Leidenschaft für die Fotografie ansteckend ist. Zwar habe ich schon mit dem Makro Bilder gemacht, aber es fehlte mir der wirkliche Zugang dazu. Licht und Schärfe waren nicht immer nach meinem Geschmack.
Die Schärfentiefe ist ohnehin eine Herausforderung, beträgt sie doch bei Makroobjektiven nur wenige Millimeter. Bei hoher Blendenzahl etwas mehr, aber eben auch nur etwas. Doch schon das ist bei kleinen Motiven viel wert. Also rauf mit der Blendenzahl. Schärfeebene, Belichtungszeit und Licht müssen sorgfältig gewählt werden. Im Gegenlicht bei voller Sonne geht es einfach.
Her mit dem Licht!
Am Samstag haben wir mit verschiedenen Methoden herumprobiert, mit Blitz und Reflektoren. Denn irgendwoher muss das Licht für die geschlossenere Blende und die kurze Belichtungszeit (verwackeln!) kommen, wenn die Sonne nicht scheint. Moderne Blitze passen sich ja den Einstellungen der Kamera und dem Licht an, das ist ein Vorteil. Allerdings gibt es noch genug Herausforderungen, wenn die Umgebung recht dunkel ist. Dann gibt der Blitz Vollgas und es entstehen unschöne Schlagschatten.
Entfesselt blitzen, also mit dem Blitz nicht im Blitzschuh ist eine Möglichkeit, aber dazu habe ich aktuell noch nicht die Technik. Da ich bis Samstag noch nie in meinem Leben einen Blitz besessen habe, muss ja nicht gleich alles her. Zumal sich mit Blitz und einem Reflektor ein weiches und schönes Licht zaubern lässt. Da mir aber in jedem Fall der dritte Arm fehlt, ist es gut, jemanden dabei zu haben, der Reflektoren, kleine Lampen oder einen entfesselten Blitz halten und steuern kann. Dann wird die sich putzende Wespe auch scharf und gut ausgeleuchtet.
Unterwegs im Wald
In den Tagen danach musste ich natürlich los und weiter probieren. Makro im Herbst ist wundervoll, da gibt es viele Motive im Wald. Die Pilze schießen aus dem Boden. Und das ist ziemlich weit unten. Von dort eine gute Perspektive zu finden ist nicht einfach, denn viel Variationsbreite gibt es nicht. Immerhin laufen die Pilze nicht davon. Die Kamera habe ich auf eine kleine Matte gelegt und stabilisiert, mit Fernauslöser, damit ich mit beiden Händen den Reflektor bedienen konnte. Mein Assistent war leider nicht da 😉 Eine sportliche Angelegenheit: Muskeln und Gelenkigkeit sind gefragt, sonst geht es nach dem Scharfstellen nicht mehr in die Senkrechte.
Heute habe ich zum ersten Mal Kugelspringer gesehen. Das sind winzig kleine Insekten, kugelig rund, vielleicht 1 mm groß. Ich gebe es zu, ich habe sie erst auf den Bildern entdeckt und hätte wohl auch nicht das Equipment, sie zu fotografieren. Aber sie sind da: Mal hier ganz genau auf den Rand des Schirms schauen, da sitzt einer. Es soll auch größere geben, aber ich muss wohl doch noch einmal suchen gehen.
Dann war ich an einem kleinen Bach und habe die Herbststimmung fotografiert, um mich schließlich den Pilzen zuzuwenden. Da entdeckte ich auf einem umgekippten Baum merkwürdige gallertige Klumpen. Dabei hatte ich bestimmt zehn Minuten auf diesen Stamm geschaut und ihn auch mit im Bild ohne etwas zu sehen. Es sind Schleimpilze, die wiederum von Schimmel – die Härchen – zerstört werden. Eine Welt der Wunder!
Die vergangenen Tage waren ein letztes Feuerwerk der Natur, die Blätter leuchteten in allen Farben. Heute allerdings war dem Gelb schon ein Grau beigemischt, das Feuer fast erloschen. Es ist vorbei und der Spätherbst da. Aber am Sonntag noch hatte ich das Helios mit in den Wald getragen, um das Feuer mit dem wundervollen swirling bokeh einzufangen. Es wäre einfach zu schade gewesen, nur auf den Boden zu starren…
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