Einen Sonnenaufgang zu genießen, ist für mich eine besondere Freude. Es heißt nämlich, dass ich es rechtzeitig aus dem Bett geschafft habe und im richtigen Moment an einem wunderbaren Platz war, ungestört von Dächern, Wald oder Strommasten. Auf dem Belchen gibt es das nicht. Allerdings steht vor dem Genuss eine klitzekleine Anstrengung in Form von 300 Höhenmetern zu Fuß – nachts mit der Stirnlampe.
Der Belchen – einer der höchsten Berge im Schwarzwald
Der großen Hitzewelle des vergangenen Wochenendes entflohen wir in den Schwarzwald, ist ja nicht weit von uns. An der Talstation der Belchenbahn auf 1.100 Metern Höhe gibt es ein nettes Hotel (mit Spa – das nur der Vollständigkeit halber ;-)), das wir uns ausgesucht hatten. Von dort aus lief ich um 5 Uhr los, zuerst über die Skipiste, dann in steilen Kehren bergan, so war ich in 50 Minuten oben an der Bergstation. Begleitet von dem ersten hellen Streifen am Horizont und einem wundervollen Sternenhimmel, dessen Sterne Stück für Stück vom Morgengrauen ausgeknipst wurden.
Von der Bergstation sind es noch ein paar Höhenmeter über die kahle Bergkuppe bis zum Gipfel in 1.414 Metern Höhe. An der Ostflanke suchte ich mir einen Platz zwischen wundervollen Gräsern um den Tag zu empfangen. Mittlerweile war Helligkeitsunterschied zwischen Himmel und Erde so groß, dass ich die Verlaufsfilter auspackte, um den Kontrastumfang etwas abzusenken. Ein 0,6 Hard Edge und ein 0,6 Soft Edge übereinander erzeugten den gewünschten Effekt.
Zwischen den beiden Bildern unten liegen nur drei Minuten – sie sind völlig unterschiedlich im Charakter. Während beim ersten Foto die Lichtwerte recht ausgeglichen sind (ja, mit Filter!), werden mit dem Erscheinen der Sonnenscheibe die Farben tiefer und die Schatten ebenso.
Der Sonnenaufgang
Dann war sie da – die Zeit zwischen Dunkel und Licht ist in Sekunden zu bemessen. Immer wenn ich fotografiere, fällt mir besonders auf, wie die Zeit vergeht und die Welt sich dreht. Sehr widersprüchlich, da ich ja gerade den Status quo mit der Kamera festhalte! Die Gräser leuchteten in unglaublich warmen Gelbtönen und die Schattenseiten der Holzpfähle und die noch im Schatten liegenden Berge steuerten den Bildern eine kühle Bläue zu.
Ein Blick zur Seite, und mir blieb fast der Atem stehen: In der Ferne Alpenglühen der 4000er-Kette der Berner Alpen aus der Schweiz: Mönch und Jungfrau sowie Finsteraarhorn. Eine Farbigkeit, die mir vorkam, wie mit Pastellkreiden gezeichnet. Das lag an dem Dunst, der schon zehn Minuten später die Gipfel wieder verschlungen hatte.
Entspannt auf dem Gipfel
Schließlich legte ich dann doch die restlichen Höhenmeter zum Gipfelkreuz zurück und zu den kleinen Gruppen von Menschen, die für diese so angenehm warme Sommernacht ihr Nachtlager auf dem Gipfel aufgeschlagen hatten. Kinder schälten sich aus den Schlafsäcken, es wurden Thermoskannen ausgepackt und Frühstücksbrote ausgewickelt – alles in einer sehr harmonischen, relaxed fröhlichen Stimmung.
Um 10 vor 8 stieg ich dann ab, nicht ohne die Gelegenheit der leichten Dunstschleier für ein Gegenlichtfoto auszunutzen. Dann Schwimmen, Frühstück und am Nachmittag Massage…hatte ich mir doch redlich verdient, oder?
Sabine Pecoraro-Schneider meint
Unbeschreiblich schön!! Wohl dem, der das erleben darf (und kann)!!
Sylvia Knittel meint
Ja, liebe Sabine, die Natur malt doch immer die schönsten Bilder!
Friedrich Knittel meint
Einfach fantastisch, wie sich die verschiedenen Horizonte in den verschiedenen Blautönen präsentieren. Es erinnert mich an die Blautöne von Marc Chagall und an Glasfenster.
Das Bild mit den Personen sieht nach einem Scherenschnitt aus.
Den besten Eindruck bekommt man erst am großen Bildschirm!
Joachim Hegmann meint
Ich staune immer wieder, wie Du mit dem Licht umgehen kannst.
Sylvia Knittel meint
Danke, lieber Joachim!