Die vergangenen Tage habe ich mich mit Geologie und Paläontologie beschäftigt. Seit zwei Tagen bin ich nämlich wieder in Oregon. Erst einmal hatte ich eine eiskalte Nacht am Unity Lake. Ich weiß nicht wieviel Minus, aber immerhin war an meinem Wasseranschluss ein Eisklumpen.
Mein Platznachbar aus Bend hatte recht, als er sagte, dass dies die kälteste Ecke Oregons ist. Was er auch erzählte: Sie sind erst einen Tag später als ich aus Yellowstone aufgebrochen, da hat es geschneit. Ich bin also rechtzeitig weg. Die kalte Nacht war überstanden, über den See waberte der Nebel und ich bin losgefahren über die Blue Mountains ins Tal des John Day River.
Nach der Überschreitung des letzten Passes kam der Strawberry Mountain in Sicht, ein geniales Panorama. Unten im Tal war es lieblich, grün, Kühe – das, was mir vor über zwei Wochen schon gut gefallen hatte. Ja, ich war da schon einmal, auf dem Weg Richtung Washington. Und so habe ich jetzt den ersten Loop meiner Acht geschlossen.
John Day Fossil Beds: Geschichte in Stein
Das Gebiet rund um den John Day River ist geologisch sehr interessant. Es befinden sich dort die John Day Fossil Beds. Weiter westlich schließen sich tolle Basaltformationen an, bevor sich das junge Gebirge der Cascades mit seinen 3- und 4000 Meter hohen Vulkanen erhebt. In der Region der John Day Fossil Beds liegen mehrere Fossilien-Fundstätten und es lassen sich 40 Millionen Jahre Erdgeschichte praktisch am Gestein und an den Fundstücken ablesen. Das ist einmalig, daher kommen viele Paläontologen hierher, um zu forschen. Die Orte liegen nicht sehr nah beieinander, gehören aber sozusagen zu derselben Historie.
Die Schichtung beginnt mit den um die 40 Millionen Jahre alten Clarno Strata (Schichten) des Eozän. Danach folgen die verschiedenen Schichten des Oligozän: John Day, auch die weit entfernten Painted Hills gehören dazu (33-18 Millionen Jahre). Danach folgt das Miozän, zentral ist eine dicke Basaltschicht, die man überall an den Bergkanten gut erkennen kann. Die Mascall Formation (16-13 Millionen Jahre) gehört auch dazu. Die Schichten erzählen die Geschichte von Klimaveränderungen und Vulkanausbrüchen, die meterdicke Asche oder Lavaströme über das Land legten und sämtliches Leben zum Erliegen brachten, bis es sich nach vielen Jahren wieder einfand. Mal hatte es viel Regen, mal wenig, mal wurde die Asche schneller zersetzt und machte Leben rascher möglich. Mal dauerte es länger, weil die Region nicht nur mit Asche sondern mit einer dicken Schicht Lava bedeckt war.
Wer es nochmal detaillierter aufgezeichnet haben möchte, dem sei die Seite der John Day Fossil Beds empfohlen: https://www.nps.gov/joda/learn/nature/john-day-strata.htm
Das Museum – das Thomas Condon Palaeontology Center – befindet sich in der Sheep Rock Unit direkt am John Day River und gibt einen guten Überblick über die verschiedenen Gesteinsschichten, Zeiten und die gefundenen Knochen von Lebewesen. Es wurden sehr viele Pferdearten gefunden zu verschiedenen Zeiten, die amerikanischen Pferde sind aber ausnahmslos ausgestorben. Das Pferd kam erst wieder mit den spanischen Konquistadoren aus Mexiko. Also stammen alle heutigen Pferde auf dem amerikanischen Kontinent von europäischen Pferden ab. Das wusste ich auch nicht.
Fossilien-Wunderland
Wer Fossilien in freier Natur sehen möchte, ist in der Clarno Unit gut aufgehoben. Eine Felsreihe ragt wie schon etwas angegriffene Zähne aus der Landschaft. Sie gehören zu den ältesten Schichten der Region. Wie hier so oft, hat das Alter des Gesteins nicht unbedingt etwas mit der Tiefe zu tun, in der man es findet. Dafür sorgt die Subduktionszone, wo sich die Pazifische Platte unter die Nordamerikanische schiebt. Sie faltet Berge und Ebenen und verschiebt Gebirge, so dass Geologen hier alle Mühe haben, manche Gesteine einer Herkunft zuzuordnen, weil zusammengehörende Gesteine oftmals an völlig verschiedenen Orten auftauchen.
Am Fuß der Clarno-Felsen und auch in der Umgebung, dem Hancock Field haben Paläontologen sehr viele Fossilien gefunden und finden noch immer – je nachdem, was die Erosion gerade so frei gibt. Da die John Day-Zeit ja „erst“ bei 40 Millionen Jahren beginnt, sind die Fossilien Säugetiere verschiedenster Arten, dazu kleine Reptilien und Pflanzen. Wer genau hinschaut, kann auf den herabgefallenen Felsen versteinerte Äste und Blätter finden, mehrere verschiedene Arten. Es gibt natürlich auch Schützenhilfe durch ein paar Schilder.
Himmelblaue Canyons und farbige Aschebänder
Die Gesteinsformationen der Region sind unglaublich, Farben von rosa bis himmelblau scheinen plötzlich zwischen den mit Gras bewachsenen Hügeln auf. Der Cathedral Rock ragt unvermittelt in einer Biegung des John Day River auf. Wenn man in das Blue Basin wandert, wird man schier erschlagen von so viel babyblauem Stein. Die blaugrüne Farbe kommt von einem Mineral namens Celadonit, der mit den vielen Schichten vulkanischer Asche reagiert hat. Und die Sheep Rocks sind blau und rosa gestreift. Sichtbar sind diese bunten bröckeligen Felsen überall dort, wo die Erosion die jüngere Schicht des Bodens weggewaschen hat.
In der wohl bekanntesten Unit der Region wurden keine Fossilien gefunden. Die Painted Hills sind dennoch interessant, weil sie Einblick geben in eine sehr wechselhafte Zeit, die sich gut an dem bunten geschichteten Grus ablesen kann. Hell ist eine trockenere Phase, rot ist eine feuchte Phase mit viel Regen. Die jeweiligen Pflanzengesellschaften färben das Gestein. Die schwarzen Punkte zeigen an, dass es zu der Zeit in der Schicht eine Pflanze gegeben hat, die Mangan sammelte.
Ellen Morris Bishop schreibt in Ihrem spannenden Buch „In Search of the Ancient Oregon“: „In contrast to the Eocene’s tropical symphony, the Oligocene played Jazz. Its climate was more varied, its life-forms more bold“. Ein sehr spannendes Buch, an dem ich im Museum nicht vorbei gehen konnte.
Interessant ist, dass sich die Hills unterschiedlich in der Farbe zeigen, je nachdem, wie die Sonne darauf fällt und welchen Winkel man selbst dazu einnimmt: mal eher sandgelb leuchtend, mal eher olivgrün dunkel. Die intensiv orange Färbung im Titelbild kommt allerdings von der Abendsonne zur goldenen Stunde.
Meterdicke Lava mit Muster
Dann kam das Miozän, zunächst eine Zeit der globalen Erwärmung. Vor etwa 16 Millionen Jahren dann der Ausbruch der Vulkane und Erdspalten, die Oregon und auch Washington mit einer dicken Schickt Lava bedeckten. Die dadurch entstandenen Basaltformationen sind heute überall sichtbar – ob in den Steens Mountains, der Columbia Gorge oder eben auch in den Cove Palisades. Sie bilden senkrechte Säulen, die sich wiederum in faszinierende Formen zusammenfalten, je nachdem, wie die Lava erkaltet ist. Oft sind sie der Abschluss einer Gesteinsschichtung, wie ein harter Deckel sozusagen.
Dort, wo Flüsse ihr Bett gegraben haben oder die Erosion stärker war, werden diese Basaltsäulen freigelegt und bilden steile Abbruchkanten von hohen Plateaus. Die Cove Palisades säumen den Zusammenfluss des Deschutes River und des Crooked River. Wo heute der Crooked River fließt, war eine Caldera, der Vulkan war für viele der Schichten in der John Day-Region verantwortlich.
Susanne Schleuter meint
Tolle Eindrücke schilderst du da!
Sylvia Knittel meint
Danke, liebe Susanne. Das Schöne ist: abseits der großen Nationalparks ist es schön leer.
Ekkehard Bahlo meint
Dein Bericht ist geschrieben und bebildert wie ein guter geologischer Reiseführer. Man möchte hin und das alles selbst sehen! Vielen Dank!
Sylvia Knittel meint
Danke, lieber Ekkehard! Die Geologie hier ist sehr spannend, weil man auch so viel an verschiedenen Gesteinen zu sehen bekommt. Hat mir auch Spaß gemacht, zu schreiben.
Heinz D. Schultz meint
Ich hätte gerne das Bild „Painted Hills“ in 2.50m auf 1,40m auf Alu-Bond für mein Büro 🙂
Sagenhafte Bilder!
Sylvia Knittel meint
Ich glaube, lieber Heinz, wir sollten nach meiner Rückkehr mal telefonieren ? Es kommen noch so viele Bilder. Wahrscheinlich wird es eine ganze Fotobuchreihe… Die Entscheidung für die schönsten Motive fällt mir jeden Tag schwer… Danke, dass es dir gefällt.